6.4.09

Warum es hier gerade so ruhig ist... - Teil 2

Ich hatte mich also für J entschieden. Eine Weile ging das auch recht gut, wir hatten Spaß zusammen und ich bemühte mich ihr dabei zu helfen ihr Trauma, eine Beinahe-Vergewaltigung vor 2 Jahren, etwas zu verarbeiten und sie dazu zu bringen sich dazu noch professionelle Hilfe zu holen. Leider zeichnete sich aber relativ schnell ab, dass ich so nicht glücklich werden konnte. J war nicht in der Lage mich zu verstehn, in mich hinein zu sehn. Sie tickte einfach anders als ich und so kam für mich nie das Gefühl der Geborgenheit auf. Als ich das erkannt hatte tat ich relativ schnell, was ich in dem Fall einfach tun mußte und beendete unsere Beziehung.
Eigentlich wollte ich dann etwas Abstand zu allem gewinnen und sehn ob nicht eine Freundschaft mit C möglich wäre, durch die sich dann auch gezeigt hätte ob zwischen und beiden nicht doch noch mehr ist, als "nur" das.
Aber es sollte anders kommen: J war von dem Ende der Beziehung so getroffen, dass sie in ein Loch ohne Boden fiel. Sie betrank sich sinnlos, ging nichtmehr zur Schule, rannte Stundenlang kurzärmlig durch den Schnee... Sie macht das aber so geschickt, dass keiner ihrer Freunde das alles mitbekam, so dass sich (außer mir) keiner ein Gesamtbild ihrer Situation machen konnte. Lediglich ihre Eltern schienen wohl zu merken, dass etwas nicht in Ordnung war, aber anstatt, wie man es eigentlich erwarten sollte, für ihre Tochter da zu sein, setzten sie sie noch zusätzlich unter Druck, zwangen sie in der Zeit ihre theoretische Führerscheinprüfung zu machen, in die Schule zu gehn und schmipften und lamentierten mit ihr, als gäbe es kein Morgen.
Ich war der einzige der das alles wußte und ich wußte auch, dass sie niemandem anderen davon erzählen würde und somit auch von nirgendwo anders Hilfe zu erwarten war.
Obwohl eigentlich überhaupt nicht war, was ich wollte, begann ich mich um sie zu kümmern, schließlich war ich für ihre Situation verantwortlich und machte mir ernsthafte Sorgen um sie.
Zu recht, wie sich schnell herausstellte: Sie schließ so gut wie nichtmehr, verbrachte ganze Nächte umherwandernd im freien, aß so gut wie nichts mehr und hatte angefangen sich zu ritzen. Ihr Eltern setzen sie derweil weiter unter druck, schmipften mit ihr bei jeder Gelegenheit, so dass sie sogar Angst hatte von ihrem Vater wieder geschlagen zu werden (es gab schoneinmal die Situation, dass sie deswegen die Polizei gerufen hat). Das alles führte dazu, dass sie sich daheim weder sicher, noch geborgen fühlte und zunehmend weiter in das dunkle Loch fiel.
Mir blieb keine andere Möglichkeit, als ihr unser WG-Wohnzimmer als Schlafplatz anzubieten um sicherzustellen, dass sie wenigstens ihre nötigsten Grundbedürfnisse (Schlafen und Essen) erfüllte.
Gleichzeitig hatte ich wieder etwas Kontakt mit C aufgenommen, wobei jedoch (verständlicherweise) schnell klar wurde, dass das nicht funktionieren würde, solange J noch in meinem Leben ist. Ich hatte als die Wahl mich um meine am Boden zerstörte Ex-Freundin zu kümmern und zu verhindern, dass sie sich schlimmeres antut oder mich wieder der Frau anzunähren, die bereits einmal für die schönste Zeit in meinem Leben gesorgt hatte. Da die Wahl leider keine wirklich Wahl war, mußte ich C leider schon wieder ziehen lassen, in der Hoffnung, dass das Leben nicht so unfair sein könnte mir daraus einen Strick zu drehn.
So kümmerte ich mich Wochenlang quasi Tag und Nacht um J und konnte, weil sie mir verboten hatten mit irgendwem darüber zu reden, niemandem mein Leid klagen. Ich vernachlässigte Uni und Freunde und kümmerte mich nurnoch um sie und während ich glaube kleinere Fortschritte zu erkennen taten ihre Eltern alles, was man von Eltern nicht erwarten würde: Ihr Vater warf ihr an den Kopf, dass sie nichtmehr seine Tochter sei, sie drohten ihr an sie komplett von daheim rauszuwerfen und ihr jegliches Geld zu streichen. Mal um mal brach sie aufs neue zusammen und ich mußte sie auffangen um das schlimmste zu verhindern. Parallel dazu begann sie sogar körperlich zusammenzubrechen, ihr Herz macht derartige Probleme, dass sie teilweise Stundenlang auf dem Sofa lag, weil sie nicht aufstehn konnte.
Ich selber war mit der Situation hoffnungslos überfordert. Ich tat für sie was ich konnte, aber es war in keiner Richtung rettendes Land in sicht und ich selber litt mehr und mehr unter der Situation, doch das durfte ich sie nicht spüren lassen. Alle anderen in meinem Umfeld merkten das natürlich trotzdem, aber ich konnte niemandem erzählen warum es mir ging, wie es mir ging. Im Hinterkopf quälte mich zusätzlich, dass ich wegen all dem vielleicht C endgültig verlieren würde.
Da ich wußte, dass es so nicht weiter gehn konnte wirkte ich solange auf J ein, bis diese schließlich ihre Angst überwand und sich einen Termin bei einer Psychotherapeutin machte. All meine verbleibende Kraft steckte ich in Versuche ihr die Angst vor dem Termin zu nehmen und mit ihr dort hin zu gehn. Entgegen ihrer Furcht davor kein Wort rauszubekommen erzählte sie dort dann auch relativ flüssig und offen von ihren Probleme (natürlich ersteinmal die einfacheren, wie Schule und die Situation mit den Eltern), so dass ich Hoffnung schöpfte und die einen Silberstreif am Horizont zu sehen glaubte. Eine Woche verging und zu ihrem zweitem Termin ging sie dann sogar alleine, kam allerdings nach einer halben Stunde bereits wieder... Die Therapeutin wolle sie nicht in die Schiene der psychisch Kranken schicken und hatte sie wegen ihren Eltern- und Wohnproblemen an die Caritas verwiesen - "Therapie" beendet
J brach natürlich wieder zusammen, diesmal jedoch ich mit ihr. Ich konnte ihr gegenüber nichtmehr stark sein. Ich hatte keine Kraft mehr und war selbst am Ende.
Ich versuchte nocheinmal auf sie einzuwirken es nocheinmal mit einem anderen Therapeuten zu versuchen, aber die Enttäuschung saß zu tief und weil sie inzwischen begriffen hatte, wie sehr mich das alles in Mitleidenschaft zog, zog sie sich von mir zurück, ging wieder zu ihren Eltern und entschwand so meiner "Kontrolle", so dass ich für den Moment nichtsmehr ändern konnte.
Ich hoffte nun wenigstens wieder etwas Frieden und Trost bei C finden zu können, aber auch ihr hatte ich inzwischen zu sehr und zu oft weh getan und sie enttäuscht. Sie hatte inzwischen jemanden kennen gelernt, der in der Zeit, in der ich sie verletzt habe, für sie da war und sich um sie gekümmert hat und an den sie deutlich erkennbar mehr und mehr ihr Herz verlieren. Ich habe versucht wenigstens für mich noch Frieden mit ihr finden und mich wenigstens nocheinmal mit ihr zu Treffen, in der Hoffnung irgendwie einen Schluss für mich zu finden, aber sie weigert sich und sagt dass ihr das zu sehr weh tuen würde. Alle Versuch doch noch irgendwie an sie ran zu kommen blockt von vorn herein ab und erstickt sie im Keim.

So sitz ich hier also nun. Zwei Menschen so sehr verletzt, wie man Menschen nur verletzen kann. Beide verloren, nichtmal zu unrecht.
Alleine. Mit einem blutenden Herz, jeden Tag am heulen und zu nichts zu gebrauchen.
Ich weiß nichtmehr weiter...

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